Unsere Träume sind immer gleich. Wir stehen in einem Gebäude, das unendlich groß ist, getrennt in große Räume, organisiert nach unseren Träumen. Als ich das Gebäude vor einigen Jahren betrat, erwartete ich, die Freiheit zu haben, mich von einer Ecke zur anderen frei zu bewegen, aber erfuhr die Wahrheit aus den Blicken der anderen. Das Gebäude ist groß und wir können den Raum nicht verlassen, in dem wir uns befinden. Die erste Abteilung ist für diejenigen, die schlafen wollen, die nie geschlafen haben. Der dritte Stock, in dem ich nie gewesen bin, ist für diejenigen, die mehr wollen: ein größeres Haus, ein paar Hektar Land, ein eigenes Mehrfamilienhaus, eine Wüste, damit sie sich die Zeit damit vertreiben, Gesetze und Strategien zu entwickeln, wie man Wüsten am besten aufteilt. An einem Ende dieses elliptischen Stockwerks sitzen diejenigen, die sich wünschen, Sibirien in einem Zug mit Glasdecke zu durchqueren, durch welche man die Milchstrasse sehen kann. Der achtzehnte Stock ist für diejenigen gedacht, die über den Edelstein Khurag studieren wollen. Der Edelstein ist im Zentrum des Stockwerks platziert und nur einmal jährlich kann er in einem bestimmten Raum gebracht werden, in dem die Teilnehmer ihn betrachten und sich Notizen machen können. Raum Nr. 124 wartete bereits 72 Jahre lang auf den Losgewinn, den Stein ausstellen zu dürfen. Man hatte dabei versucht, ein Stück des Steins abzulösen, um ihn im Raum für immer zu behalten. Das hatte vielfach Proteste hervorgerufen und nun hatten die Besitzer des Raums nicht mehr das Recht, Zeit mit dem Stein verbringen zu dürfen.
Das Gebäude ist riesig und wir streifen nicht darin herum. Ich zeichne gerne die Architektur des Gebäudes auf der alten Wand gegenüber von meinem Bett. Ich denke, dass viele der Stockwerke eine elliptische Form haben, und ich weiß nicht, wieviele es davon insgesamt gibt. Die Stockwerke sind durch Treppen verbunden, und es gibt Schutzvorrichtungen für diejenigen, die von Räumen ausgeschlossen sind, die sie früher besucht haben. Sie müssen zwischen den Stockwerken bleiben, bis ein neuer Traum Gestalt angenommen hat. Hunderte Jahre lang, oder mehr, organisieren wir uns durch Gesetze, die wir uns selbst ausgedacht haben, und haben fast immer Frieden. In bestimmten Stockwerken gibt es Aufzüge. Um sie zu nutzen braucht man eine Genehmigung von denjenigen, an dessen Räume die Aufzüge angrenzen, da sie die Aufzüge in den Fluren ankurbeln.
Auf der Wand gegenüber von meinem Bett überlagern sich die imaginären Skizzen der Räume. Ich denke gerne über sie nach. Ich befürchte, wenn ich diesen flüchtigen Traum aufgebe, und dies bemerkt wird, werde ich diesen Raum verlassen müssen und in einem anderen Raum ziehen, in dem ein anderer Traum lebt, der Traum von einer Universalskizze des gesamtes Gebäudes. Wie ich diesen Raum finden kann, kann ich nicht sagen. Den Raum zu wechseln würde mich nicht stören, obwohl ich nicht die Gesetze kenne, welche die Raumwechsel regeln; auch die Option, Jahre zwischen den Stockwerken zu leben, schreckt mich nicht ab, solange der Traum eine richtige Gestalt annimmt. Am meisten betrüben würde mich das Zurücklassen der alten Skizzen an dieser Wand gegenüber von meinem Bett.
Das Edelstein-Stockwerk war einst ein Konzept, entstanden aus einem Märchen. In jedem Raum befinden sich Personen, die sich wünschen, Gestalten aus einem Märchen zu sein, oder auch nur die Hütte in einem Märchen, oder auch nur das schöne Wetter, das am Ende eines Märchens die Wolken vertreibt. Ich verstehe nicht warum diese Idee nicht allgemein akzeptiert wird, aber ich denke wirklich, dass dieses Stockwerk auf diese Weise konzipiert wurde, nur dass die Personen, die darin leben, es nicht wissen.
Auch weiß ich nicht, wo das Stockwerk der Sexualträume sich befindet, mache sagen es sei der zehnte Stock, unterirdisch. Dass solche Triebe unterirdisch platziert werden, halte ich nicht für Aberglauben. Die Reihenfolge der Stockwerke und Räume wird von den Bewohnern mit der Zeit selbst entschieden. Man könnte sagen, dass die Feuchtigkeit unter der Erde erst seltsame Sexualträume entstehen lässt.
Als ich das Gebäude betrat, war ich neugierig auf alle Stockwerke, auf alle Räume, alle Wünsche. Mit der Zeit haben sich Gedanken gefestigt, ich fühle wie sie sich in trockenen Schlamm verwandeln, brechen und knistern. Vielleicht passiert das jedem, vielleicht weil sich die meisten davor scheuen, den Raum zu wechseln, als Folge tiefer Gedanken, die dazu führen könnten, dass sich die Träume ändern.
Die Jungen wechseln die Räume öfter. Deswegen sind die Jungen hier auch seltener; es wird nicht empfohlen herzukommen, wenn man jung ist. Das größte Problem, das Außenstehende mit diesem Gebäude haben ist, sich auf einen einzelnen Traum festzulegen. Sie sind sich nicht im Klaren über die Natur des Traums: muss es der endgültig gemeinsame Traum sein, gewohnheitsmäßig Sinn des Lebens genannt? Oder ein zufälliger, spontaner Traum? Hilft es bei der Gestaltung des Traums spontan zu sein, oder sich viele Gedanken zu machen? Welche Folgen mag das Ändern des Traums innerhalb des Gebäudes haben? Ich kann nicht behaupten, dass ich all diese Bedenken nicht selbst hatte, als ich das Gebäude noch nicht betreten hatte. Doch im Inneren des Gebäudes macht alles Sinn. Das System reguliert sich selbst, seit Hunderten von Jahren.
Ich denke oft an das Stockwerk mit dem Edelstein. Vielleicht öfter als an die Skizzen. Ich weiß nicht und kann nicht beschreiben was wir hier die ganze Zeit machen während wir das Gebäude beleben. In wenigen Worten: wir denken an unseren Traum.
Das Märchen (das ich lange Zeit versuchte an der Wand zwischen den Stockwerken zu verfassen), welches das Konzept für den achtzehnten Stock darstellt, ist mehr oder weniger wie folgt: ein Edelstein am heiligen Berg eines Dorfes wird tausende Jahre lang in Ritualen angebetet, bis eine Gruppe aus drei gemeinen Dieben das Dorf überlistet, den Stein stiehlt, ihn versteckt und mit anderen mysteriösen Gestalten studiert, das bedeutet, ihn in kleine Stücke teilt, jedes soviel wert wie der große Edelstein in der heiligen Höhle, aber dies führt zu einem Aufstand durch die Menschen aus dem Dorf, und als diese den zerteilten Stein schließlich finden und die Diebe und anderen mysteriösen Gestalten bestrafen, lehnen die siegreichen Dorfbewohner strikt jegliche Rechtfertigung ab, der Raub sei aus wohlwollender Absicht geschehen, sowie jegliche Vorteile und neue Perspektiven die aus dem Vorfall entstanden sein könnten, und sorgen dafür, dass solche rückständigen Gedanken niemals die kleinen Menschen aus dem Dorf erreichen; sie erfinden neue tägliche und jährliche Rituale, die nun das Hauptziel haben die Wichtigkeit des Steins aus dem heiligen Berg wiederherzustellen, stellen ein Abbild her und veranstalten zusätzlich noch mehr jährliche Gedenkfeiern für das dunkle Zeitalter, in dem der Stein geraubt und massakriert wurde.
Ich weiß nicht, wo sich der Raum befindet, der zu der Universalskizze für das gesamte Gebäude gehört. Es könnte der letzte Stock sein, egal ob der letzte oberste oder unterste Stock. Solche Stockwerke sind angeblich für das Studium heiliger Verse gedacht. Diese stehen nicht im Zusammenhang mit der Geschichte des Edelsteins, der ebenso heilig ist in den Augen der Dorfbewohner.